Artikel zu Glauserabend

Ankündigung Glauserveranstaltung

 

Zwischen Kunst, Wahnsinn und Normalität - Das bewegte Leben Glausers

 

Wahn, Wahn, Wahn und mitten drin Friedrich Glauser! Der legendäre Schweizer Kriminalautor (Matto regiert) verbrachte viele Jahre seines Lebens in psychiatrischen Kliniken, die man zu seiner Zeit verächtlich Irrenanstalten nannte. Und trotzdem oder gerade deshalb schuf er künstlerische Meilensteine.

Der Verein Kulturzyt und das Kantonsspital Glarus möchten an das einzigartige Schaffen Glausers unter Berücksichtigung künstlerischer wie auch psychischer Aspekte erinnern. Gezeigt wird der Dokumentarfilm „Glauser – Das bewegte Leben des grossen Schriftstellers“. Anschliessend kann im Gespräch mit dem Regisseur Christoph Kühn und dem Psychiater Dr. Mathias Betz (Kantonsspital Glarus) über

die Filmproduktion sowie zu Kunst, Wahnsinn und Normalität diskutiert werden.

Der Film gibt neue spannende Einblicke in das Leben Glauser und zeigt sein rastloses Leben zwischen Psychiatrie, Krankheit, Kreativität, Rebellion und Resignation.

 

Filmnachmittag und Podium

Samstag, 6. Dezember 2014

16:00 Uhr

Glarus - Kantonsspital Glarus (Giebelzimmer)

Eintritt frei (Kollekte), Büchertisch durch Baeschlin Bücher.

Rückblick auf den Glauserabend

 

 

Friedrich Glauser – Zwischen Wahn, Drogen und Genialität

 

Es war ein ebenso beklemmendes wie faszinierendes Begegnen, das durch den Verein Kulturzyt und das Kantonsspital kürzlich im Giebelzimmer des Kantonsspitals angeboten war. Grundlage für dieses Auseinandersetzen war der von Regisseur Christoph Kühn realisierte Dokumentarfilm mit dem Titel «Glauser – Das bewegte Leben des grossen Schriftstellers». Kühn und Dr. Mathias Benz (Kantonsspital Glarus) nahmen zu einigen Fragen Stellung und vermochten zahlreiche Hinweise zur Vielfalt dieses Lebens zu vertiefen.

 

Von: Peter Meier

 

Di. 9. Dez. 2014

 

Die Aussage, dass Friedrich Glauser wegen insgesamt mehrjährigen Aufenthalten in psychiatrischen Kliniken (Münsterlingen, Waldau, andere) seine literarischen Werke in so grandioser Weise verfasste, ist vielleicht deplatziert. Aber gleichzeitig gewährte ihm diese Zeit jene Musse, die zum Verfassen der vielen Bücher wie «Matto regiert», «Wachtmeister Studer», «Die Fieberkurve», «Der Chinese», «Der Tee der drei alten Damen» oder «Gourrama» und gegen zwanzig Erzählungen führte. Die Mehrzahl entstand zwischen 1934 und 1938. Durch das Präsentieren des inhaltsstarken Films wurde ein intensives Auseinandersetzen mit Glauser möglich. In salopper Art würde man eine solche Lebensform als «verrückt» oder «abgefahren» umschreiben. Damit wird man der Kernaussage in keiner Weise gerecht.

Friedrich Glauser, am 4. Februar 1896 in Wien geboren, durchlebte eine Jugendzeit, die wechselreich, belastend, aussergewöhnlich, zuweilen hochgradig tragisch war. Ins damalige gesellschaftliche Leben vermochte er sich nie einzuordnen, sich mit dessen Abläufen zu arrangieren. Das lief ihm zuwider, führte zu seinem Ausbrechen, seiner Abwehr, seinem Leben im Da und Dort. Glausers Vater gleiste das Leben seines Sohnes mit spürbarer Autorität auf. Nach dem Verlassen des Gymnasiums in Wien gelangte Friedrich Glauser ins schweizerische Glarisegg, dann – nach ersten «Auffälligkeiten» – in ein Genfer Collège. Die Matura machte er an einer Privatschule in Zürich. Er setzte sich nachhaltig, kenntnisreich, mit verletzendem, nicht willkommenem Werten mit Philosophischem und anderem auseinander.

Das führte zum Wegweisen aus den erwähnten Schulen. 1918 liess ihn sein Vater entmündigen. Glauser flüchtete in exzessiven Drogenkonsum. Seine Abkehr aus der Schweiz, Flucht, Aufenthalte in Belgien, Frankreich und Italien, zweijähriger Dienst in der Fremdenlegion, Einweisungen in Strafanstalten und psychiatrische Institutionen, Rückfälle in die Drogensucht, Ausbildung als Gärtner, intensives Arbeiten an seinen Werken, Schaffenspausen, Wunsch nach Verheiratung mit seiner Freundin Berthe Brendel waren oft Rastlosigkeit, aber auch Durchleben von Ruhe, kreativem Hinwenden. Letzteres gehörte zu seinem Heilungsprozess. Um der Bevormundung endlich zu entkommen, plante er die Heirat mit seiner langjährigen Freundin. Einen Tag vor der Vermählung starb er am 7. Dezember 1938.

Christoph Kühn stellte Glausers Leben als Leben zwischen Rebellion und Resignation vor. Er musste sein Zuhause zwingend verlassen, um bei sich ankommen zu können. Er kam aus einer Dunkelheit, aus der er sich nie ganz zu lösen vermochte. Wände, Dunkelheit, räumliche Enge, schummeriges Licht, Gesichter, Wolken, dichte Schleier umgaben ihn beängstigend häufig. Hannes Binder hat derartige Momente im Film mit starken Zeichnungen verdeutlicht. Im Film fällt der suchende, wegeilende Knabe in engen Räumen immer wieder auf. Er findet sich zuweilen bei seiner Mutter, verharrt in Schutz und Geborgenheit.

Glauser –so Antworten nach der Filmpräsentation – habe in hundert Zimmern gewohnt, habe sich lebenslang auf der Flucht befunden und fühlte sich oft von jenen verachtet und missverstanden, die ein sogenannt gesellschaftskonformes Leben führten. Er durchlebte neben Heiterem, reichhaltig Schönem, oft wirtschaftlich belastende Unsicherheiten, war unstet. In seinem Leben gibt es Wiederholungen. Dazu gehören Flucht, Psychiatrie, Sucht, Wahn und Normalität. Die Aufenthalte in Münsterlingen liessen seine teilweise grossartige Kunst zu. Glausers Leben lernte man als intensiv, beklemmend und grandios kennen.